Von Sabine Pracht
Ein bisschen Krisenmanagement ist Jürgen Amann, seit Februar dieses Jahres neuer Geschäftsführer von Köln Tourismus, durchaus gewöhnt. Zuletzt schlug er sich als Chef der Dresden Marketing mit den imageschädigenden Pegida-Veranstaltungen in der Elbstadt herum. Dass er fast kurz nach seinem Start in Köln als Krisenmanager in die Pflicht genommen werden würde, damit hatte er nicht gerechnet. Im Februar noch erlebte er aufgrund des Karnevals einen Rekord in der Rheinmetropole: ein Gästeplus von zehn Prozent über Vorjahr. „Danach ging es ab März täglich bergab bis auf null“, erinnert sich Amann.
Die Touristeninformation samt Shop - eine wichtige Einnahmequelle für die Tourismusorganisation wurde geschlossen. Die Mitarbeiter von Köln Tourismus wurden in Kurzarbeit und ins Homeoffice geschickt. Amann war seitdem jeden Tag im Büro. „Zu zweit haben wir hier die Stellung gehalten.“
Statt Zukunftsvisionen und neue Vermarktungskonzepte für Deutschlands viertgrößte Stadt zu entwickeln, erstellte er Krisenpläne und erarbeitete mit der Stadt eine vierstufige Kampagne, die bis ins nächste Jahr reichen soll, um die Schäden der Krise bestmöglich auszumerzen.
Aktuell zündet er Stufe zwei: Unter dem Motto #inKöllezeHus zeigen Einheimische, darunter auch Kölner Prominente, in persönlichen (Video)-Botschaften auf, was das Besondere an ihrer Stadt ist und warum es sich lohnt, in die Domstadt zu reisen. Die erste, nur sehr kurze Kommunikationsphase mit dem Thema „Zu Hause in Köln bleiben“ richtete sich an die Bürger. Sie erhielten während der Quarantäne virtuell Impressionen von der Stadt.
Seit 2. Juni sind touristische Einrichtungen wieder geöffnet. Erste Tagesgäste kommen. Von einem Normalzustand ist die Stadt aber weit entfernt. „Die Außengastronomie funktioniert partiell. Innen ist es noch schwierig“, so Amann. 85 Prozent der Hotels hätten geöffnet, die Auslastung liege bei maximal 20 Prozent. Erste Geschäftsreisen werden getätigt, das Meeting- und Kongressgeschäft liegt brach. Im dritten Quartal erst rechnet der Köln-Tourismus-Chef mit mehr Inlandstourismus und Gästen aus Nachbarländern, etwa Belgien und den Niederlanden. „Wir werden noch zweieinhalb Jahre mit den Auswirkungen zu tun haben“, schätzt Amann. Vor allem das Geschäft mit Großveranstaltungen fehlt als ein wichtiger Gäste- und Umsatzbringer.
Das Mice- und Messegeschäft werde sich mittelfristig erholen, ist Amann überzeugt. „Das Bedürfnis, sich auszutauschen, ist groß.“ Geschäftsreisen, um zwei oder drei Kollegen oder Geschäftspartner zu treffen, würden hingegen auch nach der Corona-Krise durch virtuelle Konferenzen substituiert, schätzt Amann.
Je kleiner die Veranstaltung, desto eher würde sie durch virtuelle Formate ersetzt. Ein Trend habe sich schon vor Corona abgezeichnet: weniger Veranstaltungen, dafür mehr Teilnehmer.